Prüfsteine zur Landtagswahl
Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg fragte Parteien nach gesundheitspolitischen Positionen
Am 22. September stehen in Brandenburg die Landtagswahlen an. Wir haben deshalb alle Parteien, die derzeit mit einer Fraktion im Landtag vertreten sind, nach ihren Positionen zu verschiedenen gesundheitspolitischen Themen gefragt: SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, AfD und Die Linke. Geantwortet haben bisher SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke.
Investitionsprogramm und Agnes für alle
Welche Schwerpunkte wollen Sie in der Gesundheitspolitik setzen?
Für die Brandenburg-SPD ist weiterhin die Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen, flächendeckenden und wohnortnahen Gesundheitsversorgung in allen Regionen des Landes Brandenburg das oberste Ziel und somit zentrale Aufgabe des politischen Handelns. Für eine verlässliche medizinische und pflegerische Versorgung seinen hier vor allem die im SPD-Regierungsprogramm verankerte Erhöhung der bisherigen festen Fördersumme von 110 Mio. Euro pro Jahr für die Krankenhäuser des Landes Brandenburg auf künftig jährlich 200 Mio. Euro, der Ausbau des Landärztestipendiums, der weitere Aufbau der „Medizinischen Universität Lausitz – Carl Thiem“ und die Fortsetzung des auf Initiative der SPD entstandenen Erfolgsmodells Paktes für Pflege angeführt. Wir werden zudem ein Investitionsprogramm „Kommunale medizinische Versorgung" auflegen. Die vernetzte Versorgung in Gesundheitszentren oder Polikliniken bietet große Chancen insbesondere für den ländlichen Raum. Wir werden die Kommunen unterstützen, insbesondere die hausärztliche Versorgung sicherzustellen. Dabei soll auch die Schaffung von mehr barrierefreien Praxen ein Kriterium der Fördermittelvergabe sein. Wir werden uns weiterhin für die bestmögliche Gesundheitsversorgung aller Bevölkerungsgruppen einsetzen, wofür wir den Öffentlichen Gesundheitsdienst stärken, den Fokus auf Gesundheitsförderung und Prävention legen, wie auch die vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung einbeziehen wollen.
Mit welchen politischen Maßnahmen wollen Sie dem Fachkräftemangel bei Ärztinnen und Ärzten und den Medizinischen Fachangestellten begegnen?
Der Aufgabe der Fachkräftegewinnung und -sicherung wird sich die Brandenburg-SPD in allen Bereichen weiterhin gemeinsam mit vielen Partnerinnen und Partnern annehmen. Dabei setzen wir fortführend auf vielfältige Maßnahmen. So werden wir, um dem Ärztemangel in ländlichen Regionen weiterhin wirksam entgegenzutreten, das Landärztestipendium fortführen und es auch auf Zahnärztinnen und Zahnärzte ausweiten. Wir werden die Medizinische Hochschule Brandenburg weiter unterstützen, welche bereits heute einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Ärzteversorgung im Land Brandenburg leistet. Den Aufbau der „Medizinischen Universität Lausitz – Carl Thiem“ werden wir entschlossen vorantreiben. Diese wird nicht nur den Wissenschafts- und Forschungsstandort nachhaltig stärken, sondern gleichzeitig für eine qualitativ hochwertige und stabile gesundheitliche sowie pflegerische Versorgung im ganzen Land sorgen. Ein Teil der Studienplätze geht an Studierende, die sich verpflichten, nach ihrem Studium in Brandenburg zu arbeiten. Diese sogenannte Landarztquote sorgt dafür, dass junge Ärztinnen und Ärzte in der Region bleiben. Zusätzlich wollen wir uns im Punkt des Agnes-Programms für Gemeindeschwestern, einem wirksamen Instrument zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung, dahingehend einsetzen, dass das Programm für alle Versicherten ausgebaut wird. Für die Brandenburg-SPD ist das Ziel, dass Fachkräfte im Gesundheits- und Pflegebereich schneller zur Gesundheitsversorgung beitragen können. Die Anerkennung ausländischer medizinischer Fachkräfte gilt es weiter zu beschleunigen. Hierzu werden wir die Antragsinitiative der Koalition, den Beschluss „Beschleunigte Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse im Gesundheitssystem“ (DS 7/ 7378-B), weiter umsetzen. Letztendlich steht für uns als wichtiges Ziel, geflüchtete Menschen schnellstmöglich in den Arbeitsprozess zu integrieren, wovon alle Arbeitsbereiche und alle Brandenburgerinnen und Brandenburger profitieren werden.
Die ärztliche Weiterbildung wird bisher ausschließlich von den Ärztinnen und Ärzten finanziert. Die medizinische Versorgung gehört zur Daseinsvorsorge. Sollten deshalb nicht auch öffentliche Gelder fließen?
Die Brandenburg-SPD verfolgt die schon länger andauernde Diskussion über eine nachhaltige Lösung zur Finanzierung der ärztlichen Weiterbildung, insbesondere im ambulanten Sektor. Hier ermöglicht aus unserer Sicht die 2018 novellierte Muster-Weiterbildungsordnung (MWBO) eine gute Basis, welche inhaltliche Strukturen der ärztlichen Weiterbildung grundlegend ändert und neu ausrichtet. Für uns ist zukünftig wichtig, dass es ergebnisoffene Diskussionsprozesse zu Möglichleiten der Ausgestaltung und Verantwortung der ärztlichen Weiterbildung gibt, wie beispielsweise auf der Konferenz der Gesundheitsminister (GMK) im Juni 2024 geschehen. So unterstützen wir die an den Bund gestellte Forderungen, wie unter anderem die Prüfung, in welchem Umfang die Zahl der geförderten fachärztlichen Weiterbildungsstellen erhöht werden kann. Ein fortführender Austausch mit allen wichtigen Akteurinnen und Akteuren sollte insgesamt eine für alle zufriedenstellende Verbesserung der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für eine strukturelle Förderung von Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung zum Inhalt haben.
Welche Rollen können die Praxen beim Aufbau neuer ambulant-stationärer Versorgungsangebote spielen?
Im Besonderen in Pandemie-Zeiten haben unsere Brandenburger Arztpraxen mit ihren fachkundigen und engagierten Teams bewiesen, dass sich die Brandenburgerinnen und Brandenburg auf diese tragende Säule unseres Gesundheitssystems verlassen können. Das erfüllt die Brandenburg-SPD mit Dank und Stolz. Daher sollte den Praxen auch im Zusammenhang mit ambulant-stationären Versorgungsangeboten, in einem Zusammenspiel vieler Akteure, zukünftig eine wichtige Rolle zukommen. Für die Brandenburg-SPD ist hier beispielgebend das Ambulant-Stationäre Zentrum in Templin. Hier wird die Bevölkerung durch angestellte sowie niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, als auch nicht-ärztliche Fachkräfte, in Kooperation mit Krankenhäusern, wohnortnah versorgt. Wir werden uns weiterhin im Zuge der bevorstehenden Gesundheitsreformen des Bundes für diese Art der ambulant-stationären Versorgungsformen einsetzen, was für uns einen speziellen Instrumentenkasten der Unterstützung implizieren muss. Unser Ziel bleibt es, die Kommunen besser in die Lage zu versetzen, eine starke lokale Versorgungsinfrastruktur aufzubauen. Wir begrüßen, dass die Gründung kommunaler medizinischer Versorgungszentren (MVZ) durch das „Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune“ des Bundes erleichtert werden soll, was auf eine Initiative des Landes Brandenburg zurückgeht.
Wie wollen Sie diese neuen Versorgungsangebote finanzieren?
Die Brandenburg-SPD wird für eine bestmögliche Gesundheitsversorgung aller Bevölkerungsgruppen – im Punkt einer besseren Vernetzung in den Kommunen – ein Investitionsprogramm „Kommunale medizinische Versorgung " auflegen. Die vernetzte Versorgung in Gesundheitszentren oder Polikliniken bietet große Chancen insbesondere für den ländlichen Raum. Wir unterstützen die Kommunen dabei, insbesondere die hausärztliche Versorgung sicherzustellen. Dabei soll auch die Schaffung von mehr barrierefreien Praxen ein Kriterium der Fördermittelvergabe sein.
Wie wollen Sie die ambulante Ärzteschaft in den Aufbau des Innovationszentrums Universitätsmedizin Cottbus einbeziehen?
Wir werden den schon laufenden Prozess der Schaffung der „Medizinischen Universität Lausitz – Carl Thiem“, mit neuen Ansätzen zur Gesundheitsversorgung für die Modellregion Lausitz, gemeinsam mit allen Akteurinnen und Akteuren, auch des ambulanten Bereiches, vorantreiben. Hier ist schon jetzt das Forschungs-, Lehr- und Versorgungsnetzwerk hervorzuheben, welches in der Modellregion aufgebaut werden soll. Dabei werden sich an dem Lehrnetzwerk nach den Regularien der Approbationsordnung für Ärzte geeignete ärztliche Praxen (Lehrpraxen), andere geeignete Einrichtungen der ambulanten ärztlichen Krankenversorgung, geeignete Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens sowie geeignete Krankenhäuser als akademische Lehrkrankenhäuser beteiligen. Die enge Zusammenarbeit der „Medizinischen Universität Lausitz – Carl Thiem“ und der ambulanten Versorgung in der Region ist wichtig, kann doch nur so ein Nutzen für alle im Punkt einer innovativen und bedarfsgerechten Versorgung, welche sich an den Bedürfnissen der Bevölkerung in der Lausitz und darüber hinaus im ganzen Land Brandenburg ausrichtet, entstehen.
Welchen Einfluss sollte die Landesregierung auf die ambulante Bedarfsplanung nehmen?
Die Brandenburg-SPD steht zum System der Selbstverwaltung im Gesundheitssystem. Wir streben auch zukünftig einen offenen und konstruktiven Dialog an, im Besonderen zwischen der SPD-Fraktion, der Landesregierung und der Kassenärztlichen Vereinigung (KVBB) sowie allen weiteren Akteurinnen und Akteuren des Gesundheitswesens. Wir sind der festen Überzeugung, dass nur gemeinsam die gesundheitspolitischen Herausforderungen bewältigt werden können, somit weiterhin die medizinische Versorgung in allen Regionen des Landes Brandenburg gesichert werden kann. Dementsprechend gilt es den erfolgreichen Weg zwischen dem Land und der KVBB fortzusetzen, um im Besonderen im ländlichen Raum neue Lösungen für eine nachhaltige Gesundheitsversorgung zu suchen.
Zuschussprogramm für Niederlassung und Stipendien
Wahlprüfsteine der Christlich Demokratischen Union (CDU) Brandenburg für die Landtagswahl
Welche Schwerpunkte wollen Sie in der Gesundheitspolitik setzen?
Um eine flächendeckende Gesundheitsversorgung abzusichern, müssen Krankenhäuser, Haus- und Fachärzte überall im Land Brandenburg verfügbar sein, nicht nur in großen Städten oder im Berliner Umland. Dafür wollen wir gemeinsam mit den Landkreisen, Kommunen, Krankenkassen und Verbänden sorgen. Gerade in den ländlichen Regionen wollen wir die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und ambulanten Strukturen wie Allgemeinmedizinern und Apotheken noch besser koordinieren. Prävention, Gesundheitskompetenz, Gesundheit und Pflege müssen noch stärker zusammengedacht werden. Dabei sind die Krankenhäuser genauso wichtig wie die Weiterentwicklung der MVZ. Unser Ziel ist eine gut verzahnte sektorenübergreifende Versorgung. Wir müssen mehr Ärztinnen und Ärzte ausbilden und ihre gleichmäßigere Verteilung im Land durch Anreize verbessern. Die Pflege im Land muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe gesehen werden, der Pakt für Pflege spielt hier eine wichtige Rolle und muss weiterentwickelt werden, um die Herausforderungen in der Pflege zu schultern.
Mit welchen politischen Maßnahmen wollen Sie dem Fachkräftemangel bei Ärztinnen, Ärzten und Medizinischen Fachangestellten begegnen?
Fach- und Arbeitskräfte werden in allen Bereichen gesucht, so auch in der Gesundheitsversorgung.
Die Fachkräftegewinnung ist eine zentrale Aufgabe der kommenden Jahre. Wir wollen:
- Qualifizierungsangebote unterstützen;
- Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärken;
- ein Gesamtpaket für schnelle und unbürokratische Anerkennung von ausländischen Bildungs- und Berufsabschlüssen sowie für Vermittlung von Wohnung; Sprachkursen, Kita und Schulplätzen schnüren;
- Ausbildungsstandorte mit attraktiven Wohnangeboten für Azubis stärken;
- Rentnerinnen und Rentner durch attraktive Zuverdienstmöglichkeiten als Fachkräfte im Berufsleben halten.
Wir wollen ein kommunales Zuschussprogramm für die Niederlassung von Ärzten im ländlichen Raum auflegen, damit es Kommunen erleichtert wird, gemeindliche Grundstücke für Praxen bereitzustellen, finanzielle Unterstützung bei der Anschaffung medizinischer Großgeräte zu leisten und weitere Anreize für Ärzte zu schaffen. Außerdem wollen wir das Landarztstipendium ausbauen und für angehende Zahnmediziner öffnen: finanzielle Unterstützung beim Studium, im Gegenzug gilt die Verpflichtung für den Einsatz im ländlichen Raum.
Unser Ziel ist es, das Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus IUC zum Erfolg führen und attraktive Studiengänge an den medizinischen Hochschulen anbieten.
Wichtig ist auch, rechtzeitig in den allgemeinbildenden Schulen über Ausbildungsmöglichkeiten zu informieren und junge Menschen für gesundheitliche Berufe zu begeistern sowie die Unterstützung der Medizinischen Hochschule Brandenburg auch künftig zu sichern. Dort, wo die gesundheitliche Versorgung nicht durch den freien Beruf des Arztes oder Zahnarztes gewährleistet werden kann, werden wir Medizinische Versorgungszentren unterstützen. Beruf und Familie wollen wir im Kontext des Gesundheitswesens mit seinen spezifischen Anforderungen und Belastungen besser aufeinander abstimmen und Familienfreundlichkeit verbessern. Wir wollen eine Vergütung für Heilerziehungspflegerinnen und -pfleger und in den Gesundheitsberufen, die mit der Pflege vergleichbar ist. Frühzeitig soll zudem über die vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten (Pflegehelfer, Pflegeassistenten, Pflegefachkräfte und Pflege-Studium) in den allgemeinbildenden Schulen informiert und junge Menschen für Pflegeberufe begeistert werden. Wir wollen die Pflegekräftegewinnung aus der Perspektive der Pflegekräfte neu denken und die Ausbildung stärker auf deren unterschiedliche Lebenssituationen abstimmen, um Abbrüche zu vermeiden. Außerdem wollen wir die Pflege- und Therapiewissenschaften an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg stärken. Mit diesem Paket sollen die Berufe attraktiver werden.
Nicht zuletzt spielt auch die Digitalisierung für uns eine wichtige Rolle, um Fachkräfte zu gewinnen, denn mit ihr kann Bürokratie abgebaut werden, die insbesondere die freien Ärzte und die Pflegekräfte belastet.
Die ärztliche Weiterbildung wird bisher ausschließlich von den Ärztinnen und Ärzten finanziert. Die medizinische Versorgung gehört zur Daseinsvorsorge. Sollten deshalb nicht auch öffentliche Gelder fließen?
Die Weiterentwicklung des Landärztestipendiums sehen wir als wichtige Unterstützung, um gerade im ländlichen Raum Anreize für Ärztinnen und Ärzte zu schaffen. Außerdem setzen wir uns dafür ein, eine Ausbildung in den Gesundheitsberufen kostenfrei zu gestalten und eine Vergütung zu bezahlen. Berufsgruppen im Gesundheitswesen wie Medizinische Fachangestellte, Pharmazeutisch-Technische Assistenten und Medizinisch-Technische Radiologie-Assistenten sowie Heilmittelerbringer müssen in der öffentlichen Wahrnehmung stärker gewürdigt werden. Welche zusätzlichen Spielräume der kommende Haushalt lässt, ist derzeit nicht zu sagen.
Welche Rollen können die Praxen beim Aufbau neuer ambulant-stationärer Versorgungsangebote spielen?
Die Praxen spielen eine wichtige Rolle beim Aufbau neuer ambulant-stationärer Versorgungsangebote. Wir sind auf eine gute Zusammenarbeit von ambulanten und stationären Diensten angewiesen, um auch in Zukunft eine auskömmliche Daseinsvorsorge für allem Menschen in der Stadt und auf dem Land zu garantieren.
Wie wollen Sie diese neuen Versorgungsangebote finanzieren?
Wir brauchen eine sektorenübergreifende Versorgung für die Zukunft. Finanzierungsfragen für eine ambulante und stationäre Versorgung müssen hierbei diskutiert und noch geklärt werden.
Wie wollen Sie die ambulante Ärzteschaft in den Aufbau des Innovationszentrums Universitätsmedizin Cottbus einbeziehen?
Das Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus IUC soll durch attraktive Studiengänge zum Erfolg geführt werden. Aktuell ist noch unklar, welche Rolle hier die ambulante Ärzteschaft spielt. Gern würden wir die Expertise der Akteure zusammenbringen und neue Konzepte der Zusammenarbeit entwickeln.
Welchen Einfluss sollte die Landesregierung auf die ambulante Bedarfsplanung nehmen?
Die ambulante Bedarfsplanung sollte wie bisher geplant werden. Ein interdisziplinärer Austausch ist jedoch zu unterstützen.
Mehr Kooperation und Delegation
Welche Schwerpunkte wollen Sie in der Gesundheitspolitik setzen?
Ohne Gesundheit ist alles nichts. Darum ist unser Ziel, allen Menschen in Brandenburg Zugang zu gesundheitlicher Versorgung, modernen Behandlungsmethoden und guten Therapie- und Pflegeangeboten zu bieten, unabhängig von Alter, Geschlecht, Wohnort und Geldbeutel. Dafür haben wir mit unserem Gesundheitsressort den Grundstein gelegt. In den nächsten Jahren wollen wir insbesondere die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen verbessern, die Krankenhausreform des Bundesgesundheitsministers für Brandenburg sinnvoll gestalten und innovative Ansätze wie zum Beispiel die Unterstützung durch Telemedizin durch die Digitalisierung voranbringen. Bedarfsgerechte Versorgung ist dann möglich, wenn ambulante und stationäre Versorgung gut verzahnt und eng zwischen allen Gesundheitsakteur*innen abgestimmt sind. Deshalb wollen wir die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und Arztpraxen deutlich ausbauen.
Nachdem wir mehr als 150 neue Stellen für den Öffentlichen Gesundheitsdienst geschaffen haben, wollen wir ihn weiter ausbauen und digitalisieren.
Mit welchen politischen Maßnahmen wollen Sie dem Fachkräftemangel bei Ärztinnen, Ärzten und Medizinischen Fachangestellten begegnen?
Auch in Brandenburg ist die Fachkräftesicherung für die Gesundheitsversorgung in den nächsten Jahren ein zentrales Thema. Deshalb setzen wir einerseits auf Ausbildung und Qualifizierung im eigenen Land: Die Medizinische Hochschule Brandenburg hat gezeigt, dass die gewünschten Bleibeeffekte von medizinischen Fachkräften eintreten – daher werden wir sie weiter finanziell unterstützen. Dazu kommt die Gründung der ersten staatlichen Medizinerinnenausbildung des Landes in Cottbus, notwendigerweise mit einer verpflichtenden Landarztquote. Das erfolgreiche Stipendium des Landärzteprogramms wollen wir evaluieren und anpassen.
Andererseits wurde unter grüner Führung des Gesundheitsressorts die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse durch mehr Personal und Verfahrensstraffung bereits verbessert. Diesen Weg wollen wir für den ambulanten und stationären Bereich konsequent weiter gehen.
Außerdem müssen wir für die ambulante Versorgung neue Wege gehen, die die Wünsche neuer Generationen aufnimmt. Neben der weiteren Förderung der klassischen Niederlassung sind Modelle der Nutzung von Managementdienstleistungen von Dritten etwa in Arztnetzen ein Mittel, sich neben Bürokratieabbau auf ärztliche Tätigkeiten konzentrieren zu können. Varianten angestellter ambulanter Tätigkeit müssen wir auch in Eigeneinrichtungen der KV oder in MVZ ausbauen, um unter 60 bis 70 Stunden Wochenarbeitszeit ambulante Tätigkeit zu ermöglichen und die Arbeit im medizinischen Bereich für die nächste Generation attraktiv zu gestalten. Deshalb sollte zur Entlastung der Ärzt*innen sowie zur Aufwertung von Medizinischen Fachangestellten oder Pflegekräften verstärkt die Möglichkeit von Delegation und Substitution ärztlicher Tätigkeiten an die Fachangestellten genutzt werden.
Die ärztliche Weiterbildung wird bisher ausschließlich von den Ärztinnen und Ärzten finanziert. Die medizinische Versorgung gehört zur Daseinsvorsorge. Sollten deshalb nicht auch öffentliche Gelder fließen?
Die Leistungen der Ärzteschaft auch bei der Weiterbildung sind hoch einzuschätzen. Angesichts der Lage der Öffentlichen Haushalte ist es aber eher unwahrscheinlich, dass das Land hierfür Mittel zur Verfügung stellen kann.
Welche Rollen können die Praxen beim Aufbau neuer ambulant-stationärer Versorgungsangebote spielen?
Auch in der Pandemiezeit haben die Ärzt*innen eine wesentliche Rolle bei der Versorgung und den Impfleistungen gespielt. Die Praxen sind eine wichtige Säule des Gesundheitssystems. In Zukunft wird es darum gehen, die Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Kolleg*innen, ambulanter Versorgung insgesamt und den Krankenhäusern zu stärken. Das ist nötig, weil durch die zunehmende Ambulantisierung ambulant-stationäre Zentren und neue Formen ambulanter Leistungserbringung entstehen werden. Der Auf- und Ausbau von Kooperationen wird entscheidend sein. Insgesamt wird die Bedeutung ambulanter Versorgung zunehmen. Die Sicherung und der Aufbau ambulanter Kapazitäten kann durch verstärkte Vernetzung von Praxen, Eigeneinrichtungen oder Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) geschehen. Dies kann auch durch neue Formen wie kommunale MVZ oder institutionelle sektorenübergreifende Versorgungsmodelle entstehen, die an Krankenhausstandorten entwickelt werden. Ein Beispiel dafür sind die durch die KVBB angestoßenen Entwicklungen in Finsterwalde.
Entscheidend ist dabei immer der regionale Blick auf den konkreten Versorgungsbedarf. Die regionalen Akteure müssen den Spielraum für regionale bedarfsgerechte Lösungen haben.
Wie wollen Sie diese neuen Versorgungsangebote finanzieren?
Grundlage für die Ausgestaltung flächendeckender und wohnortnaher Gesundheitsversorgungen sind regionale Bedarfsanalysen. Es wird in Zukunft darum gehen, mit den Beiträgen der Versicherten und den Steuergeldern der Bürger*innen effektiv umzugehen, dass im Ergebnis eine sehr gute Versorgung der Menschen im ganzen Land möglich ist. Eine Möglichkeit wäre es, die aufgrund sinkender stationärer Versorgung eingesparten Mittel zu einem Teil in ambulante Versorgungsstrukturen zu investieren.
Wie wollen Sie die ambulante Ärzteschaft in den Aufbau des Innovationszentrums Universitätsmedizin Cottbus einbeziehen?
Schon bisher waren über 40 Praxen in 17 Fachrichtungen mit rund 180 Mitarbeitenden an sieben Standorten über das Medizinische Versorgungszentrum der CTK-Poliklinik GmbH als hundertprozentige Tochter des CTK in das Kliniknetzwerk eingebunden. Diese Zusammenarbeit wurde mit der Übernahme des Klinikums durch das Land Brandenburg als Teil der Medizinischen Universität Lausitz Carl Thiem nahtlos fortgesetzt. Das Land soll dabei gemäß Landtagsbeschluss für gute, tarifgebundene Arbeitsbedingungen in den Tochtergesellschaften Sorge tragen. Die Praxen und andere geeignete Einrichtungen der ärztlichen ambulanten Krankenversorgung werden Bestandteil des Forschungs-, Lehr- und Versorgungsnetzwerks in der Modellregion Gesundheit Lausitz und können sich am Lehrnetzwerk als Lehrpraxen beteiligen.
Welchen Einfluss sollte die Landesregierung auf die ambulante Bedarfsplanung nehmen?
Der Schlüssel für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung in Zeiten von älter werdender Bevölkerung und Fachkräftemangel liegt in einer besseren Verzahnung der stationären und ambulanten Versorgung. Über das seit 2014 etablierte „gemeinsame Landesgremium zur sektorenübergreifenden Versorgung nach § 90a SGB V“ wollen wir neue Versorgungsmodelle voranbringen. Auch hier gilt der Brandenburger Weg der partnerschaftlichen Kooperation aller Akteur*innen. Als Einstieg in eine zukünftig dringend notwendige regional-integrierte Bedarfsplanung wäre ein Weg, die Einbeziehung des Landes in die ambulante Bedarfsplanung im Landesausschuss und im Gegenzug eine Einbeziehung der KVBB in die stationäre Bedarfsplanung.
Kommunale MVZ und integrierende Versorgungsplanung
Welche Schwerpunkte wollen Sie in der Gesundheitspolitik setzen?
Die Sicherung der gesundheitlichen Versorgung wird ein Schwerpunkt unserer Gesundheitspolitik sein. Wir setzen uns für eine integrierende, sektorenübergreifende, regionale Versorgungsplanung ein. Die vom Bundesgesundheitsministerium geplanten Reformen dürfen nicht zu einer weiteren Verschlechterung der Versorgung führen. Der Erhalt der Krankenhausstandorte als Anker der gesundheitlichen Versorgung, der Auf- und Ausbau kommunal getragener Medizinischer Versorgungszentren, der Ausbau von Ausbildungsangeboten und der Abbau von Hürden bei der Arbeitsmarktintegration ausländischer Fachkräfte sind wesentliche Handlungsschwerpunkte.
Telemedizinische Angebote müssen ausgebaut, die digitale Infrastruktur verbessert werden. Ärztinnen und Ärzte müssen wieder mehr Zeit für Patienten haben, bürokratische Prozesse und Dokumentationspflichten entschlackt werden.
Der „Pakt für Pflege“ muss verstetigt werden, um die ambulante pflegerische Versorgung auszubauen und zu sichern. Gleichzeitig bedarf es Investitionen des Landes in die stationäre Pflegeinfrastruktur, um Pflegebedürftige finanziell zu entlasten.
Modellprojekte wie agnes zwei und ErwiN müssen in die Regelversorgung bzw. -Regefinanzierung überführt werden. Es bedarf einer grundsätzlichen Diskussion und Entscheidung zu einer neuen Arbeitsteilung in den gesundheitlichen Berufen.
Mit welchen politischen Maßnahmen wollen Sie dem Fachkräftemangel bei Ärztinnen, Ärzten und Medizinischen Fachangestellten begegnen?
Das Landärztestipendium muss wieder die ursprüngliche Zahl von mindestens 50 Stipendien/Semester umfassen. Die Entscheidung der Landesregierung für nur 18 pro Jahr war ein Fehler, den wir korrigieren möchten. Die Ausweitung auf Landzahnärzte und -Apotheker ist ratsam. Der Aufbau der MUL in Cottbus wird von uns unterstützt. Eine „Landeskinderquote“ ist zu prüfen. Gleichzeitig wird aber auch der ärztliche, zahnärztliche und psychotherapeutische Nachwuchs gebraucht, den die kommunal getragene MHB ausbildet. Deshalb setzen wir uns weiterhin für eine finanzielle Förderung des Landes für die Forschung an der MHB ein.
Land, Kommunen und KVBB müssen gemeinsam handeln, um den Ärztemangel besonders im ländlichen Raum zu begegnen. Gebraucht werden gute Wohn- und Lebensbedingungen, eine funktionierende und gesicherte Infrastruktur und möglicherweise weitere (finanzielle) Anreize.
Der Beruf der medizinischen Fachangestellten muss aufgewertet werden. Dazu gehören attraktive Aufstiegsmöglichkeiten und eine größere Selbstständigkeit nach entsprechender Qualifikation und Fortbildung.
Die ärztliche Weiterbildung wird bisher ausschließlich von den Ärztinnen und Ärzten finanziert. Die medizinische Versorgung gehört zur Daseinsvorsorge. Sollten deshalb nicht auch öffentliche Gelder fließen?
In besonderen Mangelsituationen bei bestimmten Fachärzten ist eine öffentliche Förderung für entsprechende Weiterbildungsangebote vorstellbar.
Welche Rolle können die Praxen beim Aufbau neuer ambulant-stationärer Versorgungsangebote spielen?
Praxen bzw. die in der Region niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen spielen eine große Rolle bei der von uns präferierten sektorenübergreifenden, regionalen Versorgungsplanung. Eine enge Kooperation zwischen niedergelassenem Arzt und dem örtlichen Krankenhaus ist zu fördern. Die gemeinsame Nutzung von medizinischen Geräten und weiterer Ressourcen ist nicht nur wirtschaftlich dringend geboten. Notwendig ist dazu der Ausbau telemedizinischer Angebote, auch durch Förderung/Unterstützung des Landes. Letztendlich ist es dem Patienten egal, ob die für ihn notwendige medizinische Leistung von einem ambulant tätigen Kollegen oder durch einem beim Krankenhaus angestellten Kollegen erbracht wird. Für den Patient ist wichtig, dass es möglichst wohnortnah überhaupt eine medizinische Versorgung gibt.
Wie wollen Sie diese neuen Versorgungsangebote finanzieren?
Ambulant-stationäre Versorgungsformen müssen endlich als Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherung im Sozialgesetzbuch verankert werden. Notwendige Investitionen zum Aufbau dieser ambulant-stationären Zentren müssen eine Aufgabe des Landes sein, ebenso wie die notwendigen Investitionen in die digitale Infrastruktur, die Anschaffung und Ersatzbeschaffung von medizinischen Großgeräten.
Wie wollen Sie die ambulante Ärzteschaft in den Aufbau des Innovationszentrums Universitätsmedizin Cottbus einbeziehen?
Durch eine enge Kooperation in der Ausbildung sollen Medizinstudierende einen Einblick in ambulante medizinische Versorgung erhalten. Vorstellbar sind Lehrpraxen, ähnlich dem Modell an der MHB. Praxisbasierte Wissensvermittlung bereitet die Studierenden auf ihre mögliche zukünftige Tätigkeit vor. Für Lehrpraxen bietet es den Vorteil, Praxisnachfolgen zu finden.
Durch eine enge Kooperation der ambulant tätigen Ärzteschaft mit dem IUC würde gerade im Bereich der Entwicklung von neuen innovativen Versorgungskonzepten auch ein praktischer Mehrwert produziert werden. Die Lehre nur am Krankenhausbett zu vollziehen, würde an den Bedarfen vorbei gehen.
Welchen Einfluss sollte die Landesregierung auf die ambulante Bedarfsplanung nehmen?
Die Landesregierung sollte einen größeren Einfluss auf die ambulante Bedarfsplanung nehmen können. Wie unter Frage 1 ausgeführt, streben wir eine sektorenübergreifenden, regionale Versorgungsplanung an. Das heißt, dass das Land nicht nur beraten, sondern auch mitentscheiden soll. Im besten Fall sitzen alle Akteure der Gesundheitsversorgung an einem Tisch. Das Land, die KVBB, die LKB, die Kassen und kommunale Vertreter beraten und planen gemeinsam ambulante und stationäre Leistungen in einer Versorgungsregion.