Berufspolitik

Es geht ans Eingemachte

Aktuell im Gespräch mit Catrin Steiniger, Vorsitzende des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB)

Catrin Steiniger, Vorstandsvorsitzende KVBB

Die Kritik an den Gesetzesplänen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach reißt nicht ab. Auch die KVBB fordert ein sofortiges gesundheitspolitisches Umdenken. Warum?

Weil die wohnortnahe ambulante Versorgung der Menschen ernsthaft in Gefahr ist. Die Pläne des Bundesgesundheitsministers versprechen zwar Verbesserungen im Gesundheitswesen, doch für den ambulanten Sektor bedeuten sie das Gegenteil. Es wird an den Grundpfeilern der wohnortnahen Versorgung gerüttelt.

Inwiefern?

Besonders kritisch sehen wir beispielsweise die Abschaffung der vermeintlich doppelten Facharztschiene, wie sie von der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung vorgeschlagen wurde. Dahinter steckt nichts weiter als das Ansinnen, das flächendeckende Netz inhabergeführter Facharztpraxen zu zerschlagen und die ambulante Behandlung auf immer weniger Standorte – vorzugsweise an Kliniken – zu zentralisieren.

Was würde das für Patientinnen und Patienten bedeuten?

Zum einen deutlich längere Wege zur fachärztlichen Behandlung. Zum anderen würde das besondere Vertrauensverhältnis der Menschen zu ‚ihrer‘ Arztpraxis empfindlich gestört. Zudem würden wir uns in Richtung eines staatlich gelenkten Gesundheitswesens bewegen. Versorgungsengpässe und längere Wartezeiten, wie wir sie aus England oder Dänemark kennen, wären mögliche Folgen dieser Entwicklung.

Die KVBB kritisiert auch den Entwurf des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG). Was sind Ihre Hauptkritikpunkte?

Der Entwurf des GVSG zeigt in einigen Punkten zwar Verbesserungen, aber die grundlegende Frage der Finanzierung bleibt unbeantwortet. Es ist richtig, dass die hausärztliche Versorgung endlich voll finanziert werden soll. Dies wird jedoch durch den Zusatz im Entwurf, dass es zu keinen Mehr- oder Minderausgaben in der Gesetzlichen Krankenversicherung kommen soll, konterkariert. Das wird nicht funktionieren. Eine vollumfängliche Finanzierung ohne zusätzliche Mittel ist unrealistisch und gefährdet die notwendige finanzielle Grundlage der Versorgung.

Was fordert die KVBB vom Bundesgesundheitsminister und den Verantwortlichen auf Landesebene?

Wir setzen uns dafür ein, dass unsere Patientinnen und Patienten auch weiterhin flächendeckend und in wohnortnahen Praxen qualitativ hochwertig versorgt werden können. Dafür brauchen wir die entsprechenden Rahmenbedingungen Dazu gehören unter anderem der Abbau von Bürokratie und eine auskömmliche Finanzierung. Einsparungen im stationären Sektor müssen in die ambulante Medizin fließen. Wenn stationäre grundversorgende Kapazitäten substituiert werden, muss gleichzeitig in Ausbau und Erweiterung ambulanter Strukturen investiert werden.

Vielen Dank für das Gespräch.